I. Themenfeld: Sekundärer Antisemitismus
- Erinnerungsabwehr
- Täter-Opfer-Umkehr
- Schlussstrichforderungen
- Schuld und Verantwortung im Umgang mit Vergangenheit und Gegenwart
Die Methoden zielen darauf ab, die Funktionsweisen und Motive von sekundärem Antisemitismus zu erarbeiten, den gesellschaftlichen Kontext zu problematisieren, in welchem Debatten um Verantwortung, nationale Identität und Zugehörigkeit geführt werden und sich zur eigenen Haltung und zu den Bezügen zur NS-Vergangenheit kritisch zu positionieren.
Methoden
Methode 1: Ein Schlussstrich unter die Vergangenheit?
In dieser Methode setzen sich die Schüler:innen zunächst in einer stummen Diskussion mit der Bedeutung von persönlicher Schuld und gesellschaftlicher Verantwortung auseinander. Anschließend werden die beiden Begriffe in den Kontext von Erinnerung an und Umgang mit den NS-Verbrechen gesetzt und über deren Relevanz diskutiert. Im nächsten Schritt sehen die Schüler:innen gemeinsam einen Fernsehkommentar zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, welcher sich mit der weit verbreitenden Forderung nach einem Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit auseinandersetzt. Die Ergebnisse der vorherigen Übung werden erneut aufgegriffen, mit der Schlussstrichdebatte in Verbindung gesetzt und mit den Schüler:innen reflektiert. In einer nachfolgenden Gruppenarbeit bearbeiten die Schüler:innen verschiedene aktuelle Fallbeispiele, zu welchen sie weitere Argumente gegen einen Schlussstrich unter die Vergangenheit finden sollen. Die Ergebnisse werden zum Abschluss im Plenum präsentiert.
Methode 2: Darf man das?
Die Schüler:innen setzen sich in dieser Methode mit verschiedenen Sachverhalten und Umgangsformen im Kontext der Erinnerung an den Nationalsozialismus auseinander und entwickeln hierzu eine eigene Position. Hierbei werden aktuelle Beispiele miteinbezogen, wie z.B. die Rolle neuer Medien im Zusammenhang mit Besuchen von Gedenkstätten, die Einrichtung einer Unterkunft von Geflüchteten in Baracken des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald oder die Verlegung von Stolpersteinen. In Kleingruppen sammeln die Schüler:innen Argumente für und gegen die Legitimität der ihnen vorliegenden Fallbeispiele, müssen verschiedene Perspektiven einnehmen und sich in der Gruppe auf eine gemeinsame Position verständigen; bzw. eine kritische Haltung entwickeln. Die Ergebnisse der Kleingruppen werden anschließend vorgestellt und im Plenum besprochen. In einer Abschlussdiskussion werden die Ergebnisse zusammengefasst und mögliche Orientierungslinien für das eigene Verhalten gesammelt.
Methode 3: „Masel Tov Cocktail – geschüttelt oder gerührt?“
Mit einem Quiz, einer Positionierungsübung und mehreren Methoden zur Entwicklung von Handlungsstrategien gegen diskriminierende Situationen ermöglichen die pädagogischen Zugänge eine Vertiefung und Erweiterung für die Arbeit mit dem Kurzfilm „Masel Tov Cocktail“ des Regisseurs Arkadij Khaet. Im Fokus stehen Jüdisches Leben und jüdische Identität in Deutschland. Die Figur des jüdischen Jugendlichen Dima, die Hauptperson des Films, ermöglicht eine stringente und nachvollziehbare Annäherung an diese komplexen Themen. Seine Handlungen und Wahrnehmungen verweisen indes auf gesamtgesellschaftliche Problemstellungen und Herausforderungen wie z.B. das deutsche „Gedächtnistheater“. Zum besseren Verständnis des Films aber auch im Sinne des Transfers liefert das einführende Quiz das notwendige Kontextwissen hinsichtlich der Lebensrealität der jüdischen Community in Deutschland. Die Methoden greifen die Phänomene der Täter-Opfer-Umkehr sowie der positiven Zuschreibung auf. Im Rahmen eines Forumtheaters, welches bei einem zweitägigen Projekttag durchgeführt werden kann, entwickeln die Schüler:innen kreativ Möglichkeiten auf antisemitische und andere menschenfeindliche Aussagen zu reagieren und verinnerlichen diese.